Exkursionen und Projekte im Fach Geschichte
Exkursion in das Museum und den Park Kalkriese in der 6. Klasse
Im Rahmen des Geschichts- und Lateinunterrichtes fährt die gesamte sechste Jahrgangsstufe in das Museum und den Park „Varusschlacht im Osnabrücker Land“ in Kalkriese. Diese Fahrt ist im Curriculum beider Fächer verankert und eng an den jeweiligen Fachunterricht angebunden.
In Kalkriese nehmen die Klassen an zwei Führungen teil. In der ersten Führung, „Auf den Spuren von Römern und Germanen“, werden Ausstattung, Bewaffnung, Technik und Kampfstrategien der Römer und Germanen vorgestellt. Diese Führung beinhaltet unter anderem ein Outdoor-Programm mit praktischen Übungen. Bei der zweiten Führung, „Nicht nur Schlachten und Kriege“, stehen das Leben und der Alltag der Römer und Germanen im Vordergrund. Die Führungen dauern jeweils 90 Minuten.
Projektarbeit in der Gedenkstätte Wewelsburg in der 9. Klasse – ein Erfahrungsbericht
In Wewelsburg gab es während der Zeit des Nationalsozialismus ein Konzentrationslager. Hier trat die mörderische Konsequenz der nationalsozialistischen Rassenideologie zutage. Die SS setzte die Häftlinge für Arbeiten in Steinbrüchen und Umbauarbeiten an der Burg ein, welche Heinrich Himmler zu einem gigantischen ideologischen Zentrum für die SS ausbauen lassen wollte.
Seit einigen Jahren bietet die Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg eine neu konzipierte Dauerausstellung zum Thema „Ideologie und Terror der SS“ an.
Zum zweiten Mal habe ich am 15. Mai 2014 mit einer unserer 9. Klassen das pädagogische Angebot des Kreismuseums Wewelsburg zu dieser Ausstellung nutzen können. Die Exkursion ist für die 9. Klassen von besonderem Interesse, da sie anknüpft an die Unterrichtsreihe „Vergangenheit, die nicht vergeht – Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg“.
Die Schülerinnen und Schüler der 9c haben sich einstimmig für dieses Projekt ausgesprochen, was mich sehr gefreut hat!
Das Tagesseminar begann mit einer Führung durch diese einzige Dreiecksburg Deutschlands, die auf einem Bergsporn über dem Almetal südlich von Paderborn thront.
Anschließend haben die Schülerinnen und Schüler in Workshops unter der Leitung des Historikers und Experten H. Duppelfeld „Lebenswege von Opfern der NS-Gewalt in Wewelsburg“ untersucht. Sie haben mit Hilfe von Arbeitsbögen Lebenswege ehemaliger Häftlinge kennengelernt: ihr Leben vor der Verhaftung, die Zeit im Konzentrationslager, das Leben nach der Befreiung, sofern sie das KZ überlebt haben. Die Schülerinnen und Schüler konnten für verschiedene Fragestellungen Dokumente, Erinnerungsberichte, Fotos, Filmmaterial und Transkriptionen von Interviews nutzen. Die Ergebnisse der Arbeit in Kleingruppen wurden am Nachmittag der Gesamtgruppe vorgestellt.
Die Schülerinnen und Schüler waren so beeindruckt von der aktiven Auseinandersetzung am Tatort selbst, dass sie meinen Vorschlag, die Ergebnisse in einer kleinen Dokumentation zusammenzufassen, sofort aufgenommen und umgesetzt haben.
Aufgrund dieser Erfahrungen sowie der positiven Rückmeldungen von Schülern und Eltern haben wir diese Fachexkursion für unsere 9. Klassen im Schulprogramm verankert.
Barbara Meise
Projektfahrt nach Krakau und in die Gedenkstätte Auschwitz in der Q1 (Leistungskurs Geschichte)
1. Allgemeine Ziele der „Erziehung nach Auschwitz“
Besuche in KZ-Gedenkstätten sind heute ein fester Bestandteil der pädagogischen Arbeit in Schulen. So werden z.B. im Lehrplan Geschichte für die Sekundarstufe II zum Themenbereich „Vergangenheit, die nicht vergeht – Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg“ als mögliche Ergänzung das Thema „Gedenkstätten und Erinnerungsorte“ und eine Studienfahrt nach Auschwitz angeführt. Im Gegensatz zu dem großen Stellenwert, dem Gedenkstättenbesuche in der historisch-politischen Bildung eingeräumt werden, steht die Erfahrung vieler Pädagogen, dass der Lernertrag, der im Rahmen von Gedenkstättenbesuchen erzielt wird, gering ist, wenn sich der Besuch lediglich auf eine „Besichtigung“ des Ortes beschränkt, die letztlich nur eine „Augenblicksbetroffenheit“ auslöst.
Wenn KZ-Gedenkstätten wirklich als Lernorte fungieren können, wie und mit welchen Zielen können Lernprozesse möglichst gewinnbringend gestaltet werden?
Es ist unserer Meinung nach nicht hinreichend, sich mit dem Holocaust ausschließlich in den Kategorien von „erinnern“, „trauern“ und „gedenken“ zu beschäftigen. Institutionen, die sich mit den NS-Verbrechen auseinandersetzen, beschreiben ihre Aufgabenbereiche mit den Begriffen „Gedenken – Mahnen – Forschen – Lernen“.
Die beiden zuletzt genannten Aufgabenbereiche sind für unser Projekt von besonderem Interesse:
- Das Forschen bedeutet, dass die Gedenkstätten selbst forschend tätig sind und ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen. Sie stellen aber auch ihre Archive und Materialien für die Öffentlichkeit zur Verfügung und ermöglichen somit den Schülern, an diesem Prozess teilzuhaben.
- Der vierte Aufgabenbereich, das Lernen in der Gedenkstätte, ist unser zentrales Anliegen. Der spezifische Bildungswert besteht in der Veranschaulichung durch zahlreiche Relikte und Zeugnisse der vergangenen Wirklichkeit. Wie wichtig für Schülerinnen und Schüler diese „steinernen Zeugen“ sind, haben wir Lehrkräfte auf den Projektfahrten immer wieder miterlebt. Für unsere Schüler war die Arbeit in Auschwitz ein Beweis dafür, dass „es wirklich so gewesen ist“. Aufgrund der Authentizität des Ortes wird ein nachhaltigerer Eindruck von NS-Geschichte vermittelt als bei anderen Angeboten der Geschichtsvermittlung.
- Die große Chance, die die Arbeit in Gedenkstätten bietet, liegt darin, das historische Geschehen aus seiner Abstraktheit zu lösen. Der abstrakte Begriff der „Vernichtung“ kann an konkreten Einzelschicksalen fassbar werden. Zeitzeugenberichte in mündlicher und schriftlicher Form, Fotos und persönliche Utensilien machen aus dem Häftling einen Menschen, in dessen Lebens- und Leidensweg sich die Schülerinnen und Schüler hineinversetzen können. Ähnliches gilt für die Täter. Ihre Biographie regt zum Nachdenken darüber an, was Menschen zu Tätern macht.
- Schließlich bleibt es unsere pädagogische Aufgabe, die Fähigkeit zur Empathie zu entwickeln. Im aktuellen gedenkstättenpädagogischen Verständnis ist man von einer sogenannten „Betroffenheitspädagogik weitgehend abgerückt, die vor allem auf psychische Überwältigung durch die Gegenwart des „Ungeheuerlichen“ am Ort des tatsächlichen Geschehens setzte
Weder reine Faktenvermittlung noch psychische Überwältigung in einer „Augenblicksbetroffenheit“ sind ausreichend, denn gerade die letztere bleibt umso flüchtiger, je weniger sie historisch und rational verarbeitet wird. Der Erkenntnis über die Grausamkeit der Orte muss also ein rationaler Prozess folgen, der den Fragen nach dem Warum und dem Wie nachgeht. Andererseits dürfen wir nicht darauf verzichten, mit den Schülerinnen und Schülern über ihre Gefühle angesichts des Grauens zu sprechen, denn die Fähigkeit, eigene Gefühle zu erkennen und anderen mitzuteilen, gilt es nicht nur, aber eben gerade im Zusammenhang mit dem Thema Holocaust zu fördern.
2. Konsequenzen für die pädagogische Arbeit in KZ-Gedenkstätten
Wie bereits erwähnt, findet Gedenkstättenarbeit heute im Spannungsverhältnis zwischen Erinnern an die Opfer und politischer Aufklärungsarbeit statt.
Die Arbeit in KZ-Gedenkstätten ermöglicht die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der Urteilsbildung. Es sollen nicht vorrangig fachdidaktisch vorformulierte Lernziele erreicht, sondern Eigenaktivität und ganz persönliche Zugänge angeregt werden. Dies bedeutet konkret, dass die Schüler im Unterricht möglichst viele unterschiedliche Wege der Annäherung an das Thema „Nationalsozialismus“ finden und eigene Fragestellungen im Sinne eines induktiven, fragend – forschenden Ansatzes formulieren. Solche individuellen Lernprozesse machen Geschichte nachvollziehbar und persönlich bedeutsam und können dadurch das Denken und Verhalten ändern und Distanz zum historischen Geschehen verringern. Die mit der Gedenkstättenarbeit verbundenen Ziele sind mit offenen Lernformen, die die Projektarbeit bietet, am besten zu erreichen.
3. Die Genese des Projekts
Die konkrete Idee zur Initiierung einer Studienfahrt in Form der Projektarbeit im Archiv eines nationalsozialistischen Konzentrationslagers kam uns unter anderem durch Kontakt zum Gymnasium Bethel. Dort wird seit vielen Jahren im Rahmen des LK Geschichte eine Projektfahrt in die KZ-Gedenkstätte Lublin-Majdanek durchgeführt. Die Schüler arbeiten vor Ort unter Anleitung eines Historikers mit Akten und Originaldokumenten. Als es uns gelang, im Jahr 2007 den Kontakt zu der polnischen Historikerin Lucyna Filip herzustellen, die im Archiv der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau tätig ist, war die Fachschaft Geschichte sofort davon überzeugt, dass dies eine wichtige Chance für die Schüler am KGH ist, am Ort der größten Massenverbrechen der Nationalsozialisten historische Forschungen durchzuführen, und damit eigene Erfahrungen mit diesem schrecklichen Kapitel der deutschen Geschichte zu machen.
Seit 2008 führen Schüler des LK Geschichte am Kreisgymnasium Halle das Projekt in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau durch. Der erste Leistungskurs, der im Rahmen der Projektfahrt in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz fuhr, war der LK Geschichte von Frau Meise im Jahr 2008. Im Jahr 2009 folgte der LK Geschichte von Frau Jünemann und 2010 der LK Geschichte von Herrn Giesselmann. Im Jahr 2011 wird mit dem LK Geschichte von Frau Meise das vierte Projekt in Folge in Auschwitz durchgeführt. Das Projekt ist inzwischen fest im Schulprogramm des Kreisgymnasiums Halle verankert und wird innerhalb der Fachschaft Geschichte von allen getragen.
4. Auschwitz als Konzentrations- und Vernichtungslager
Warum war uns die Projektarbeit gerade in Auschwitz so wichtig? Auschwitz war das größte und das mit höchstem technischen Aufwand betriebene Konzentrations- und Vernichtungslager im nationalsozialistischen Machtbereich. Die genaue Opferzahl ist unbekannt. Historiker sehen inzwischen die Zahl von 1,1 Millionen Ermordeter als sicher an, darunter fast 90% Juden aus allen Teilen Europas. Auschwitz gilt als das Symbol für den nationalsozialistischen Massenmord an den Juden Europas. Aber auch Sinti und Roma, polnische politische Häftlinge, Homosexuelle und sowjetische Kriegsgefangene wurden in großer Zahl in Auschwitz ermordet. Auschwitz hat eine Nachgeschichte bis heute. „Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“, befand Theodor W. Adorno 1949. Nach Auschwitz ist nichts mehr so, wie es war, der industrielle Massenmord hat Deutschland, das Land der „Dichter und Denker“ dauerhaft mit dem Grauen des Völkermords belastet.
5. Vorbereitung des Projekts im Unterricht
Die Projektfahrt des LK Geschichte wird im Unterricht des Leistungskurses vorbereitet, auch wenn das Thema Zweiter Weltkrieg erst in Q2 behandelt wird. Im Rahmen selbstorganisierter Studiengruppen arbeiten die Schüler an den Themen, die sie auch im Archiv von Auschwitz „erforschen“ werden. Dazu wird in der Mediothek ein Semesterapparat mit Büchern und Zeitschriftenaufsätzen eingerichtet, so dass die Schüler auch in ihren Freistunden an ihren Themen arbeiten können. Die gezielte Vorbereitung in- und außerhalb des Unterrichts in Halle stellt sicher, dass die Schüler die Projektarbeit in Auschwitz gut vorbereitet beginnen.
Der Film „Schindlers Liste“ wird von dem Kurs gemeinsam angeschaut. Er thematisiert die Judenvernichtung in Krakau und die beispielhafte Rettung von fast 1.200 Juden durch die von Oskar Schindler aufgestellte „Liste“. Gleichzeitig zeigt er die unglaubliche Brutalität des Lagerkommandanten des Krakauer Konzentrationslagers Plaszow, Amon Göth, und bereitet die Schüler somit auch emotional auf die Grauen des Massenmords vor, mit dem sie in Auschwitz konfrontiert werden.
6. Ablauf der Projektarbeit vor Ort
Die eigentliche Projektarbeit beginnt jedoch im Stammlager Auschwitz I – am Ort der Massenverbrechen selbst. Die Schüler berichten uns immer wieder von der nachhaltigen Wirkung, die es auf sie hat, wenn sie jeden Morgen auf dem Weg zum Archiv das berüchtigte Lagertor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ durchschreiten müssen. In Zusammenarbeit mit dem „Internationalen Bildungszentrum für Auschwitz und den Holocaust“ werden im Rahmen des Projekts unter Anleitung der polnischen Historikerin Lucyna Filip Workshops zu verschiedenen Themen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik im Archiv der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau durchgeführt. Folgende Themen wurden in den letzten Jahren von unseren Schüler/innen bearbeitet:
- Die Organisation des Massenmordes am Beispiel der ungarischen Juden
- Fluchtversuche und Widerstand; der Aufstand des Sonderkommandos 1944
- Medizinische Versuche in Auschwitz
- Kapos und Funktionshäftlinge – Opfer oder Mittäter?
- Die Rolle des „Sonderkommandos“ in Auschwitz-Birkenau
- Die Rolle der SS bzw. der Wachmannschaften in Auschwitz
- Kinder im Konzentrationslager
- Literatur und Kunst als Bewältigungsversuche des Grauens
- Vernichtung durch Arbeit – die Rolle der IG Farben in Auschwitz-Monowitz
Die Projektarbeit in Auschwitz beginnt mit zwei umfangreichen Führungen im Stammlager Auschwitz I und im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II). Hier wird erstmals die Dimension des Massenmords in der Ausdehnung des Lagers sichtbar. Am ersten Tag im Stammlager Auschwitz schockieren vor allem die Relikte der Menschenverwertung: Berge von menschlichem Haar, von Schuhen, Brillen, Prothesen, Koffern, Kinderspielzeug und anderen Habseligkeiten der Ermordeten. Im Block 11 stehen wir immer wieder fassungslos vor den Todeszellen und der Todeswand, an der Tausende von Häftlingen erschossen wurden. Am zweiten Tag gelangen wir durch das Eingangstor von Birkenau ins Zentrum der Vernichtung: Hier führten die Eisenbahngleise seit Frühjahr 1944 direkt auf die Rampe, an der die Selektionen stattfanden. Die Krematorien und Gaskammern von Birkenau wurden von der SS gesprengt, große Teile der hölzernen Baracken abgebrannt, aber die Spuren der Massenvernichtung sind überall greifbar.
Ein Eindruck aus einem Schülerbericht über die Fahrt:
„Am nächsten Tag standen wir vor den Toren von Auschwitz II: Birkenau. Unsere zweite Führung begann. Im Gegensatz zum Stammlager erschreckte Auschwitz-Birkenau bereits durch seine Größe, die die Dimension des Massenmordes verdeutlicht. Zunächst erhielten wir in den Holz- und Steinbaracken der verschiedenen Lagerabschnitte einen Einblick in die erschreckende Enge und die unzumutbaren hygienischen Verhältnisse der Häftlingsbaracken. […] Wir gingen zu den Ruinen der vier großen Krematorien mit Gaskammern, die von den Nazis 1944 gesprengt wurden, um die Spuren des Massenmords zu beseitigen. Ein Krematorium wurde allerdings von einem Aufstand der Sonderkommando-Häftlinge im Oktober 1944 zerstört, ein zwar erfolgloses, aber beeindruckendes Zeichen des Widerstands. In den zerstörten Baracken des Lagerabschnitts „Kanada“, in denen die Habseligkeiten der Häftlinge gesammelt und sortiert wurden, fanden wir noch heute Überreste zwischen den Steinen, z.B. Münzen aus der Tschechoslowakei von 1939, die wir dann auf eine Mauer legten – zum Gedenken. Wir standen auch an der „Rampe“, an der die Selektionen stattfanden. In unserer über 3 Stunden dauernden Führung schafften wir es gerade einmal, das gesamte Gelände „abzuwandern“, viele Gespräche führten wir unterwegs über den Schrecken dieses Lagers und darüber, wie all das möglich war. Aber zum Teil wirkte es auch wie ein friedlicher Spaziergang durch ein Waldgebiet. Kaum nachzuvollziehen, was sich hier zwischen 1940 und 1945 abgespielt hat.“ (Bericht von Anna Möntmann und Sandra Jochheim 2009)
An beiden Nachmittagen arbeiten die Schüler im Archiv der Gedenkstätte, zum Teil mit den noch vorhandenen Originaldokumenten. Die Schüler recherchieren in Kleingruppen zu einem ausgewählten Thema. Für uns Kollegen ist es immer wieder beeindruckend, wie interessiert und konzentriert die Schüler sich auf diese ungewohnte Forschungssituation einlassen. Am letzten Tag unserer Projektarbeit präsentieren die Schüler ihre Ergebnisse. Die intensive, exemplarische Auseinandersetzung mit einzelnen Opfern und Tätern führt immer wieder zu erstaunlichen Ergebnissen. Die Schüler zeigen dabei sowohl ein hohes Maß an Emotionalität als auch sachgerechte wissenschaftliche Distanz.
Neben der Auseinandersetzung mit den Originaldokumenten haben wir in Auschwitz die seltene Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Zeitzeugen Kazimierz Smolen (91 Jahre), einem ehemaligen polnischen Häftling, der als Funktionshäftling auf der Schreibstube 5 Jahre im Konzentrationslager überlebt hat und im Januar 1945 auf den so genannten „Todesmarsch“ geschickt wurde. Er schildert unseren Schülern sehr authentisch und eindrucksvoll den Alltag im Konzentrationslager, die Brutalität der Wachmannschaften, die Solidarität der Häftlinge untereinander und die Tatsache, dass alle Lagerinsassen sehr genau wussten, was ihnen bevorstand. Aufgrund seiner grauenhaften Erlebnisse im KZ wurde er als Zeuge bei den Nürnberger Prozessen geladen. Im Anschluss an den Vortrag beantwortet Herr Smolen immer wieder bereitwillig unsere Fragen. Uns beeindrucken nicht nur die authentischen Ausführungen zu seiner Vergangenheit, sondern auch seine sehr sympathische und aufgeschlossene Art.
Im Anschluss an das Projekt in Auschwitz ist die alte polnische Königsstadt Krakau Ziel der Studienfahrt. Im Krakauer Wawel-Schloss, der ehemaligen Residenz der polnischen Könige, residierte von 1939-1945 Hans Frank, der berüchtigte nationalsozialistische Generalgouverneur. Thematisch schließt sich zudem eine Führung durch das ehemalige jüdische Viertel Krakaus, Kazimierz, an. Hier wurden große Teile der Filmaufnahmen für den Film „Schindlers Liste“ aufgenommen. So ist der Besuch der damaligen Emaillefabrik Oskar Schindlers ein besonderes Erlebnis. In dem Gebäude der Fabrik kann heute eine Ausstellung zum jüdischen Leben in Krakau unter deutscher Besatzung besichtigt werden. „Wer nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“ – dieser aus dem Talmud stammende Spruch ist in den Ring eingraviert, den die geretteten Juden Oskar Schindler als Geschenk übergaben.
Die Schüler erleben während der Studienfahrt jedes Mal sehr intensive und auch belastende Momente. Das Erlebte zu verarbeiten – dabei halfen sie sich gegenseitig durch viele Gespräche.
7. Evaluation und Ausblick
Die Studienfahrt nach Krakau und die Projektarbeit in Auschwitz haben sich nach unserer Überzeugung sehr bewährt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Schüler so eindrücklich davon berichten, ist die Projektfahrt inzwischen als integraler Bestandteil des Schulprogramms fest etabliert. Das gemeinsam Erlebte und die intensiven Erfahrungen in Auschwitz prägen die weitere Arbeit in den Kursen auf eine ganz spezifische Weise. Die Projektarbeit verstärkt die Identifikation mit dem Fach und dem Kurs und fördert über das Abitur hinaus das historische Interesse, was sich aus einigen Studienentscheidungen ablesen lässt.
Die Erinnerung an den Holocaust ist wichtig, weil die Schrecken der Vergangenheit ein Auftrag an zukünftige Generationen sind, denn „das Geheimnis der Versöhnung heißt Erinnerung“ (alte jüdische Weisheit).