Liebe Eltern,

womöglich haben Sie bereits von dem Phänomen „Squid Games“ gehört. In dieser sehr brutalen Netflix-Serie spielen Menschen Kinderspiele nach, wobei es aber um Leben und Tod geht. Mittlerweile wird auch viel in den Medien viel darüber berichtet (z.B. Zeit Online / News4teachers / dw.com).

Auch uns erreichen erste Rückfragen zu diesem Thema. An dieser Stelle möchten wir Ihnen einige Hinweise aus verschiedenen Quellen dazu an die Hand geben.


Folgende Informationen entstammen klicksafe.de und saferinternet.at.

Worum geht es in der Serie?

Knapp 500 Menschen, die mit hohen Spielschulden am Rande ihrer Existenz stehen, werden dazu eingeladen, in scheinbar harmlosen Kinderspielen gegeneinander anzutreten und um ein sagenhaftes Preisgeld in der Höhe von rund 33 Millionen Euro zu spielen. Die Krux dabei: Wer verliert scheidet nicht nur aus, sondern wird kaltblütig hingerichtet.

Laut Netflix handelt es sich bei der 9-teiligen Serie mittlerweile um die erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten. Nach knapp einem Monat seit der Premiere am 17. September, erreichte die Serie 111 Millionen ZuschauerInnen in über 90 Ländern.

Grund dafür sind neben dem grundsätzlichen Hype um koreanische Kultur (K-Pop) vermutlich auch die perfekt inszenierte Bilderwelt und die einfach zu verstehende aber doch komplexe gesellschaftskritische Handlung.

Was fasziniert Kinder und Jugendliche an gewalttätigen Serien?

Netflix empfiehlt die Serie Squid Game offiziell ab 16 Jahren. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese und auch andere gewalthaltige Medieninhalte, oft bereits von wesentlich jüngeren Kindern und Jugendlichen konsumiert werden. Dahinter stehen im Wesentlichen zwei Motive:

  • Der emotionale „Kick“ und das Überschreiten von Grenzen:
    Man möchte etwas Aufregendes erleben. Der Wunsch nach Ablenkung, Protest und Abgrenzung spielt eine zentrale Rolle.
  • Das gemeinsame Bestehen von extremen Situationen: 
    Das Anschauen der Videos wird zum Gemeinschaftserlebnis. Besonders extreme Inhalte geben auch ein gutes Gesprächsthema in der Gruppe ab oder werden zur Anerkennung genutzt (Mitreden können). Dazu zählt auch, schockierende Videos an jüngere MitschülerInnen als eine Art Mutprobe weiterzuschicken.

Wie kann ich mein Kind schützen?

Haben Sie keine Angst – durch eine gewalthaltige Serie allein wird ein Kind sicherlich nicht gewalttätig!

Wenn Sie Inhalte nicht gut finden, Ihr Kind aber davon fasziniert ist, ist ein reines Verbot meist zwecklos – vor allem dann, wenn Serien wie Squid Game bereits die ganze Klasse beschäftigen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind und lassen Sie sich die Serie erklären. Erläutern Sie aber auch Ihre Sorgen und Bedenken. Eine gute Gesprächsbasis ist hier das Wichtigste!

Tatsächlich ist es aber oft so, dass vor allem junge Kinder sich aus Gruppenzwang mit solchen gewalthaltigen Inhalten beschäftigen und sie froh sind, wenn Eltern dann vehement eingreifen und das Serienschauen verbieten. Richten Sie dafür z. B. einen eigenen Kinder-Account auf Netflix ein und legen Sie fest, auf welche Inhalte Ihr Kind zugreifen kann. Mehr dazu hier: Kindersicherung für Netflix. Auch hier gilt: Reden Sie mit Ihrem Kind, nehmen Sie seine Ängste ernst und überlegen Sie sich gemeinsam Strategien zur Bewältigung dieser (z. B: Gerät weglegen, mit jemandem darüber reden, gemeinsam andere Aktivitäten durchführen etc.).

Versucht Ihr Kind, eigene Gewalterfahrungen durch brutale Spiele und Serien zu verarbeiten oder es wird darin bestärkt, Gewalt als geeigneten Weg zur Konfliktlösung zu sehen, sollten Sie professionelle Hilfe aufsuchen. Dies gilt auch, wenn Sie Verhaltensveränderungen (Aggressivität etc.) am Kind bemerken.

Wie rede ich mit meinem Kind vorbeugend über angstmachende Inhalte im Internet?

Spielen die Kinder die brutale Serie nun nach?

In der Presse mehren sich Berichte darüber, dass es durch die Serie zu gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Schulkindern gekommen sei. Anstatt als Verliererin bzw. Verlierer durch Hinrichtung aus dem Spiel auszuscheiden, sollen die Kinder sich gegenseitig verprügeln. Es gibt inzwischen auch beliebte Online-Spiele, bei denen Kinder den nachgebauten Aufgaben von Squid Game begegnen können.

Bei einigen dieser Medienberichte sollten Sie kritisch zu hinterfragen kritisch hinterfragen, von wem und mit welchem Ziel die Inhalte veröffentlicht wurden. Manchmal handelt es sich dabei um sogenanntes Clickbaiting, also besonders reißerische Schlagzeilen zu einem Hype, die die Leser*innen dazu verleiten sollen, darauf zu klicken und den Artikel zu öffnen.

Weitere Tipps und Infos rund um problematische Inhalte im Internet finden Sie hier.

 (Quelle: https://www.saferinternet.at/news-detail/squid-game-gewalt-in-medieninhalten/)


Mehr zum Thema

 


Eine Ausführliche Anleitung, wie man Netflix kindersicher gestalten kann, ist hier zusammengestellt:

Netflix kindersicher – Medien-kindersicher.de


Dies sind weitere Tipps der Internetseite Medienpädagogik Praxis:

Wie sind die Auswirkungen pädagogisch einzuschätzen?

Die extrem brutalen Darstellungen können die Psyche der Kinder beeinträchtigen und zu Verängstigung oder Alpträumen führen. Nicht umsonst gibt Netflix die Altersempfehlung „ab 16 Jahren“ an.

Ein anderer Aspekt, der häufig angeführt wird, ist das Nachspielen von Serienelementen auf dem Schulhof. Hier ist genau zu hinterfragen, was gespielt wird: An sich beruht die Serie auf Kinderspielen, die zwar aus Südkorea stammen, aber z.T. auch in Deutschland bekannt sind. So funktioniert das Spiel „Rotes Licht, grünes Licht“ aus der ersten Episode ähnlich wie das Spiel „Ochs am Berg“: wer sich zu spät noch bewegt, verliert. Insofern ist es zunächst nicht problematisch, wenn diese Spiele von Kindern nachgespielt werden. Wenn jedoch die Verlierer*innen zur Strafe diffamiert oder verprügelt werden, sind Grenzen überschritten, die es wieder herzustellen gilt.

Welche Empfehlungen können wir Eltern geben?

  • Die Serie „Squid Game“ sollte genauso behandelt werden wie andere Medieninhalte, die nicht jugendfrei sind, und sollte jüngeren Kindern nicht zugänglich sein. Wichtig ist dabei, dass die Kinder verstehen, wieso die Serie erst ab 16 Jahren freigegeben ist und wieso diese Regelung konsequent umgesetzt wird. Schließlich möchten Eltern ihre Kinder damit nicht ärgern, sondern schützen.

  • Bekanntermaßen können Verbote auch kontraproduktiv sein. Wenn Kinder die Serie unbedingt ansehen möchten, ist zu befürchten, dass sie dafür eine heimliche Lösung finden. Besser wäre es dann, wenn die Kinder „Squid Game“ gemeinsam mit ihren Eltern sehen (und ggf. vorzeitig abbrechen), um die Handlung anschließend gemeinsam zu besprechen.

  • Generell sehen es die Einstellungsmöglichkeiten von Netflix vor, eigene Accounts für verschiedene Nutzer*innen anzulegen. So können User*innen für ihre Kinder voreinstellen, welche Inhalte ihnen vorgeschlagen werden, während Inhalte für ältere Zuschauer*innen den Kindern nicht verfügbar sind.

  • Als Eltern wie auch als Medienpädagog*innen können wir mit den Kindern über das Phänomen „Squid Game“ ins Gespräch kommen, um herauszufinden, in welchen Zusammenhängen ihnen die Serie begegnet ist. Falls die Spiele auf dem Schulhof nachgespielt werden, sollten die Kinder ein faires Spiel ohne körperliche Gewalt oder Bestrafung daraus machen.

  • Insgesamt bietet der Stoff der Serie durchaus Anlass für eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Ungleichheiten und den Auswirkungen des Kapitalismus. Die Fragen nach Moral und Ethik, die der Story zugrunde liegen, können Ausgangspunkt für eine spannende Diskussion über die Regeln menschlichen Zusammenlebens sein, die im Elternhaus ebenso geführt werden kann wie im Schulunterricht oder im Jugendtreff.

  • Für die medienpädagogische Arbeit liefert speziell die Inszenierung der Story spannenden Gesprächsstoff. Ausgehend von der Serie lässt sich hervorragend über den Sinn von Altersbeschränkungen diskutieren, über die Darstellung von Gewalt, die Faszination von Castings und Wettkämpfen sowie die virale Wucht globaler Medienhypes.